Shopping Victim

Shopping-Terror

(M)Eine Leidensgeschichte.

Es gibt nicht viele Dinge, die ich weniger spannend finde als Shoppen.
Das ist umständlich ausgedrückt und beutet im Klartext:

Ich hasse Shoppen!

Schon seit meiner Kindheit. Nein, ich habe kein Trauma erlebt.
Ich fand das ewige An- und Ausziehen einfach nur lästig und mit zunehmendem Alter kam dann noch die problemzonenunfreundliche Beleuchtung in den Umkleiden dazu.

Nein, ich laufe nicht rum wie der letzte Penner und mir hat auch noch keiner ein paar Euro in die Hand gedrückt, während ich an einer Straßenecke auf jemanden gewartet habe. Für das ein oder andere Teil wurde ich sogar schon mal gelobt und meine Kinder wollen, dass ich unbedingt bei Shopping Queen mitmache. Ich hatte sogar bereits eine Einladung zur Teilnahme bei dem VOX-Format, wo man anderen unbekannten Alltagsgestalten beim Hochdruck-Shoppen zusehen kann, während Fremde sich unter den Augen eines Millionenpublikums ungeniert an deren Kleiderschrank und Privatleben vergreifen. Anschließend wirst du dann noch von den selbsterkorenen Modekennern für deine Laufstegpräsentation kritisiert.
Da gehe ich doch lieber zum perfekten Dinner, serviere vorsätzlich ungenießbares Essen und amüsiere mich köstlich, während meine Gäste dabei gefilmt werden, wie sie sich den Fraß runterwürgen.
Da habe ich persönlich mehr davon. Aber gut, es geht ja hier nicht ums Essen.

Druck-Aufbau

Vorausschauend und mir meiner Shopping-Bequemlichkeit bewusst, habe ich bereits im Frühjahr ausgemistet. So richtig. Und zwar so, dass, wenn jetzt nicht zügig der Schrank aufgefüllt wird, ich nur noch mit meinem Sortiment an Corona-Jogginghosen aus dem Haus gehen kann. Der Leidensdruck ist also vorhanden und ich mache mich an die Recherche. Was trägt Frau ab und über 40 eigentlich? Kennt jemand die Spielregeln?

Dr. Google soll es richten, also recherchiere ich.
Das Ergebnis? Ernüchternd.
Ich soll tragen was ich will und meinem Stil treu bleiben. Aha.

Ein Haufen prominenter Beispiele strecken dir Otto Normalverbraucher die Zunge raus und führen anschaulich den finanziell erschwinglichen Konjunktiv vor Augen. Auch wenig hilfreich.

Lebendige, minderjährige Kleiderbügel präsentieren Konfektionsgrößen, die ich zuletzt mit zwölf getragen habe. Wenig glaubhaft.

Ulla Popken Zelte brauche ich, trotz reduziertem Stoffwechsel, noch nicht. Wenig motivierend.

Und dann ist da noch die Bestattungs-Mode. Das ist die Art von Bekleidung, die durch ihre reduzierte Farbpallette in beige und lindgrün besticht, aus Bundfaltenhose plus Weste besteht und ihre Träger sich quasi noch zu Lebzeiten auflösen und durchsichtig werden lässt. Wenig schmeichelhaft.

Was bin ich…?…

Ich muss mir also überlegen, wer ich bin und was zu mir passt. Na toll.
Ich wollte keine Therapie oder Kontaktanzeige, sondern ‚Anziehsachen‘ kaufen.

Ich bin der „ich-will-nicht-so-aussehen-wie-alle-anderen-Typ“. Das war auch der Grund dafür, weshalb ich mir im Sommer keins dieser Geschirrtuch-Kleidchen geholt habe. Das sind die knielangen Baumwoll-Hängedinger mit Schlagärmel, deren bedruckte Stick-Optik mich an die Geschirrtuchsammlung meiner Oma erinnert. Die Straßen waren gepflastert mit denen und ich überrascht, dass niemand seine Frau oder die Kinder ihre Mütter verwechselt haben.

Aber, was weiß ich schon von Mode? Ich habe ja nicht mal welche im Schrank.

…der All-In-One-Typ!

Mein Streifzug durchs modische Ü-40-Netz leitet mich auf eine Seite, wo komplette Looks ohne ablenkenden Inhalt in Form von zu dünnen/jungen/dicken/alten/verwesenden/prominenten Menschen präsentiert werden.

Hier bleibe ich hängen.
Sehr sympathisch.
Alles auf einen Blick.
Keine lästige Extrasuche nach passenden Ober- oder Unterteilen, Schuhen, Accessoires etc. Das haben bereits andere für mich übernommen, die Freude daran haben. Selbst für drunter gibt es Vorschläge. Toll!

Bestellen und bezahlen muss ich dann aber selbst. Um auf Nummer Sicher zu gehen, ordere ich die Rundum-sorglos-Mode in zwei verschiedenen Größen. Die deutsche Durchschnittsfrau trägt Größe 42/44, verrät mir ein Artikel. Ich bin also eine unterdurchschnittlich deutsche Frau, abgesehen von der Anzahl meiner Kinder, da kann ich geburtentechnisch mit einer glatten 2,0 punkten im Gegensatz zum gängigen 1,59er Schnitt.

Mein Kontostand wird dann an der virtuellen Kasse wieder in Richtung Unterdurchschnitt katapultiert.

Ich muss zukünftig konsequenter shoppen, lerne ich daraus. Immer kleinere Mengen verteilt über das ganze Jahr. Wie beim Essen.

Ach, ich wäre so gerne eine Schlange: 1x im Monat richtig zuschlagen und dann Ruhe für den Rest der Zeit.

Das übertragen auf ein Modejahr…

 

…Karma-Baby, vielleicht in einem anderen Shopping-Leben!

Photo by freestocks on Unsplash

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